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Chrysta Bell – This Train

Chrysta Bell - ThisTrain

„Chrysta Bell sieht aus wie ein Traum und Chrysta Bell singt wie ein Traum. Und der Traum wird Wirklichkeit.“ Kein Geringerer als David Lynch wird hier zitiert, zudem hat er das Album „This Train“ von eben jener Chrysta Bell produziert. Eine gewisse Ähnlichkeit mit Lynchs Ex-Frau Isabella Rossellini lässt sich nicht leugnen, in London wurde sie nach einem Live-Auftritt mit Portishead und Massive Attack verglichen. Wie begeistert sie von Lynch ist, drückt die Amerikanerin in folgenden Worten aus: „David Lynch hat mir nicht nur die Zuversicht geschenkt,  als Solokünstlerin zu reüssieren. David Lynch hat mir eine Stimme geschenkt, eine Persönlichkeit und ein Album.“

Im texanischen San Antonio ist Bell als Tochter einer professionellen Sängerin aufgewachsen, ihr Stiefvater besaß ein Tonstudio. Folglich die besten Voraussetzungen, die Chrysta als Elfjährige bereits zu nutzen verstand und Jingles einsang.  Nachdem sie mit 13 im Musiktheater agierte, landete sie schließlich als Leadsängerin bei der Gyspsy-Swingband 8 ½ Souvenirs. In dieser Zeit wurde bereits der Meisterregisseur  Lynch auf sie aufmerksam. 2000 kam es zu ersten Kollaborationen, die nun im Longplayer „This Train“ mündeten. Zuvor sorgte sie mit der  EP „Friday Night Fly“ für Aufsehen.  Die drei Titel der EP sind auch auf dem vorliegenden Album zu finden.

Das Coverartwork zeigt Chrystas Profil, unter einem Auge eine Träne, unter dem anderen ein Herzchen und der Name David aufgemalt. Neben Interpreten-Name und Albumtitel hat das Label dezent ‚produced by David Lynch‘ aufgedruckt. Lynch hat auch die Lyrics geschrieben, sein Einfluss rückt nicht nur hierdurch ins Zentrum, die zwölf Songs klingen wie gemacht für einen Film des Regisseurs. Gerüchten zu Folge wird eine Fortsetzung von „Twin Peaks“ in Erwägung gezogen, ein Soundtrack stünde mit „This Train“ bereit, denn atmosphärisch knüpfen diese Lieder an die Filmmusiken des Meisters an. Lynch hat zuletzt Erfahrungen als Solointerpret mit den Veröffentlichungen „Crazy Clown Time“ (2011) und „The Big Dream“ (2013) gesammelt. Zwei eindrucksvolle Alben, bei denen Lynch sich selbst als Sänger (meist mit verfremdeter Stimme)  präsentierte und gerade des Gesangs wegen nicht in Gänze überzeugen konnte.

Ein Glücksfall, dass ihm die rothaarige Chrysta Bell über den Weg gelaufen ist, die bereits als neue Femme Fatale gehandelt wird. Der Einstieg mit dem Titelsong lässt gleich einen Zug heranbrausen, der von einem Lynchschen Elektro-Blues abgebremst und in Hall getaucht wird. Die sphärischen Soundscapes zaubern mit der Kälte und Emotion verbindenden Stimme von Chrysta Bell eine mysteriöse Stimmung hervor, die sich letztlich durch das ganze Album zieht. Ein weiteres wiederkehrendes Motiv sind die vibrierenden Echo-Stromgitarren, die förmlich amerikanische Landschaften und Highways heraufbeschwören. Über allem ertönt die Stimme der Protagonistin, die Volumen, Tiefe und Ausdruck vereint. Dass sie auch einige Oktaven auf dem Kasten hat ist sicherlich kein Nachteil, vielmehr sind es jedoch Transparenz und emotionale Wirkung, die sie auszeichnen.

Geheimnisvoll, mysteriös und verzaubernd taugen als Beschreibung für „This Train“, aber auch paranoid, gefährlich und zum Fürchten schön.  Jedenfalls entfaltet das Album eine unglaubliche Sogwirkung, wenn man bereit ist sich darauf einzulassen. Und wer wird oder kann dem kühlen Charme der Chrysta Bell schon widerstehen, die einen in die Venusfalle lockt, zu den dunkelroten Samtvorhängen, in die Raumzeitlabyrinthe des Bewusstseins und Unterbewusstseins, in  die Welt, die David Lynch baut für gefallene Engel wie Chrysta Bell.

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