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Brody Dalle – Diploid Love

Brody Dalle (Credit Caroline)Als ehemalige Frontfrau von Spinnerette und den Distillers gilt Brody Dalle längst als Punk-Ikone. Mit „Diploid Love“ hat sie sich nun an ihr Solo-Debüt gewagt: Nach DIY-Motto verbrachte die 35-Jährige fast ein ganzes Jahr mit Songwriting, Aufnahmen und der Co-Produktion des Albums. Sie spielt sogar die meisten Instrumente selbst.

Mit „Rat Race” startet „Diploid Love” – und zwar ganz schön unauffällig. Das ist angenehmer Mittelklasse-Punkrock, eher unauffällig und dezent. Aber vielleicht braucht Brody Dalle erst mal einen Anheizer: Bei „Underworld” ist sie dann nämlich mit rockigerem Tempo und einer um einiges nachdrücklicher modulierten Stimme voll bei der Sache. Besonders schön und bemerkenswert ist dabei der Break, der von einer Mariachi-Combo mit Bläsern begleitet wird.

Das nachfolgende „Don’t Mess With Me“ erinnert mit dem Fokus auf Drums und knatschig verzerrten Gitarren und vor allem wegen Dalles Tonfall an das P!nk-Album „Funhouse“. Und damit wir uns nicht falsch verstehen: „Funhouse“ war ein richtig gutes Stück Punk-Pop. Oder Pop-Punk? Auf jeden Fall hat es sich gelohnt und man muss sich nicht schämen, das im Regal stehen zu haben. Aber genug von Pink – das muss sich auch Brody Dalle gedacht haben, denn die letzten Drums-Takte von „Don’t Mess With Me“ scheinen eher, als habe sie viel Zeit bei den QOTSA-Proben von Ehemann Josh Homme zugebracht. Was ebenfalls kein Minus-Punkt ist.

Weiter geht es mit „Dressed In Dreams”, dem düstersten Song auf „Diploid Love“: Hier lässt Brody Dalle ihre Stimme von todtraurig zu himmelhoch steigen und raunzt und maunzt, dass es bei aller Melancholie eine wahre Freude ist. „Carry On“ startet danach mit Klavier und viel Bass. Über das legt sich ein funky bis hektisch klingender Synthie-Rhythmus, der „Diploid Love“ eine neue Note hinzufügt: Bis hier herrschte eine eher dunkle Stimmung vor, dieser Song jedoch besitzt Mainstream-Charakter mit 80er-Jahre-Anleihen. Mehr Pop als Punk, möchte man sagen.

Bevor man sich in dieser allzu bekannten Radio-Gemütlichkeit einrichten kann, geht es mit „Meet The Foetus / Oh The Joy“ zum Glück wieder zur Sache: Hier scheppern nicht nur die Drums gewaltig, bei diesem Song ist definitiv Zeit für Pogo! Bäm! Dahinter steckt allerdings eine traurige Geschichte: Nach dem Ende der Distillers und der Geburt ihrer Tochter war Brody Dalle zunächst in einer tiefen, postnatalen Depression versackt. Durch das Songwriting an „Meet The Foetus“ konnte sie sich jedoch endgültig davon befreien. Wie erfüllt sie heute von ihrem Mutterglück ist, beweist wohl der zweite Songteil „Oh The Joy“. Unterstützung in Sachen Backvocals gab es beim Refrain übrigens von Garbage-Sängerin Shirley Manson.

Bei dem Ein-Finger-Suchsystem-Klavier von „I Don’t Need Your Love“ kann man sich dann erst mal wieder erholen, und mit „Blood In Gutters“ wird noch einmal die Pink-Assoziation aufpoliert. Mit dem großartigen „Parties For Prostitutes“ schließt „Diploid Love“: Noch einmal stottert das Schlagzeug, dazu jault ein Keyboard, die Melodie entwickelt sich und dann gibt es mit Gitarre und Drums so richtig was auf die Zwölf. Kurz: ein Hammersong!

Ihre Brüll-Zeiten hat Brody Dalle hinter sich und fast die Hälfte der Songs auf „Diploid Love“ bieten wenig Abwechslung und wenig Überraschung. Die andere Hälfte jedoch: Wow! Textlich geht es immer noch um das, was zählt: zwischenmenschliche Entfremdung und die bedenklichen Entwicklungen in der Welt. Das Krawallmädchen Brody Dalle ist erwachsen geworden, ruhiger und klüger, aber kein bisschen weniger energisch. Gut so! Mehr, bitte.

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