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Farin Urlaub Racing Team – Faszination Weltraum

Farin Urlaubs Zahnreihen sehen auch nach 51 Jahren aus wie eine Dr. Best Werbung. Seine Beißerchen bekommt man auch häufig zu Gesicht, denn das breite Grinsen scheint dem Mann ins Antlitz gemeißelt. Damit ist zumindest auf dem Cover seiner 4. Solo-Platte Schluss. Finster blickt er da drein, während im Hintergrund die überrollten Cheerleader vom Spielfeld kriechen. Womit optisch umgesetzt wird, dass Humor weiter eine zentrale Rolle auf der Urlaub`schen Agenda inne hat, aber gern hintergründig bleibt.

Experimentiert wird auf der neuen Scheibe nicht und natürlich macht auch auf „Faszination Weltraum“ die Mischung die Musik. Während sein Band-Kollege Bela B. auf seinem letzten Solo-Werk „Bye“ der Country-Musik frönte, setzt Jan Vetter, so sein bürgerlicher Name, mit der Routine aus über 30 Jahren Showgeschäft Rock, Pop, Punk, Metal und Ska zusammen, sogar vor Latin-Rhythmen schreckt er dabei nicht zurück.

Der Opener „Mein Lied“ der All-Mission startet quirlig „Wenn die Sonne lacht/ dann singe ich mein Lied/ der Himmel ist mir überall das beste Publikum/ und mein Herzschlag ist der Beat“ heißt es da. Das ist auch völlig in Ordnung, wäre da nicht die Tatsache, dass jeder, der sich halbwegs mit der besten Band der Welt auskennt, nach diesem Beginn den Verlauf der folgenden 14 Songs antizipiert.

Womit die Crux der Platte auch schon auf den Punkt gebracht wäre. Egal wie die Stücke heißen, man glaubt sie alle schon einmal gehört zu haben. Das trifft zum großen Teil auf die Kompositionen zu, aber auch auf die Texte, hat man doch zum Teil Mühe, Ironie und Blödelei zu trennen. Die im Vorfeld erschienene Single „Herz? Verloren“ drohte mit an Harmlosigkeit grenzendem Pop-Rock jedenfalls an die Schwelle jener Mainstream-Radio-Stationen zu klopfen, die „Männer sind Schweine“ bereits überschritten hat. Und auch „Sommer“ oder „AWG“ schlagen in diese Kerbe.

Fraglich, ob das nun „Was die Welt jetzt braucht“ ist – wie ein Songtitel lautet. Auf keinen Fall jedoch benötigt der Planet Aufrufe zur Berufs-Jugendlichkeit ala “Heute tanzen”, nicht einmal im schmissigen Ska-Modus. Dass Farin Urlaub es deutlich besser kann, beweisen „Dynamit“, welches die gesichtslose (dafür aber preisgekrönte) Architektur der In-Viertel unserer Städte aufs Korn nimmt, oder das brillant vor sich hin tänzelnde „iDisco“, eine bitterböse Grußadresse an alle Menschen, die nichts anderes mehr außer „i“sind. Zwischen den High- und Downlights befindet sich dann jede Menge Durchschnitt, welches durch das Ohrwurmhafte des Vortrags dennoch relativ kurzweilig ausfällt.

Am Schluss kracht es dann noch einmal wie der Aufprall auf die Defense eines Football-Teams. „Immer dabei“ steigert sich vom zurückhaltenden Beginn zur Metal-Drohne, ein Stück, welches live dann vermutlich richtig knallt – genau darauf hatte Farin Urlaub nämlich Bock. Leider ist auch dieser Treibsatz zu klein, um den Orbit zu erreichen. Da der Weltraum aber bekanntlich unendlich ist, findet sich bestimmt mal wieder jemand, ob nun Racing Team oder Arzt, der mit Farin Urlaub zu einer neuen Forschungsreise aufbricht.

Bleiben am Ende die Fragen, was Football mit Raumfahrt zu tun hat und ob Farin Urlaub oder Bela B. der coolere Doktor ist. Wenigstens den zweiten Teil der Frage kann man zügig beantworten: Es ist Rod.

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