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Ich mag es, wenn Songs romantisch sind – Tobias Jesso Jr. im Interview

Wie ein “Goon” wirkt der Kanadier Tobias Jesso Jr. nicht gerade. Eher wie ein großer Pechvogel, der auf seinem Lebensweg ein paar Mal im Graben gelandet ist. Und das, obwohl die Aussichten auf eine erfolgreiche Karriere zunächst gar nicht schlecht standen. Als Jungspund gewinnt er einen internationalen Wettbewerb mit seiner Band, wird später als Musiker für eine aufstrebende Pop-Sängerin engagiert und lebt im sonnigen Los Angeles seinen Traum. Jedenfalls bis dieser zerplatzt, die Band zerbröckelt und die Rückkehr in seine Heimatstadt Vancouver unausweichlich ist. Nun veröffentlicht er mit seinem Debütalbum “Goon” eine Platte voller Liebeslieder und Piano-Klängen, die sogar schon Adele dazu verleitete ihre Entzückung darüber in einem Tweet zum Ausdruck zu bringen. In Berlin trafen wir einen redseligen und vom Enthusiasmus gepackten Tobias Jesso Jr., der uns verriet, warum er trotz des melancholischen Antlitz seiner Songs nicht depressiv ist.

MusikBlog: Du hast deinem Album den gewagten Titel “Goon” verpasst. Fühlst du dich manchmal selbst wie ein “Trottel”?

Tobias Jesso Jr.: Ich zögerte anfangs mein Album und damit auch mich als “Trottel” zu bezeichnen. Danach fand ich Gefallen daran mir die unterschiedlichsten Geschichten rund um diesen Namen auszudenken. Um ehrlich zu sein, fühle ich mich selten wie ein Trottel. Mir gefiel nur der Klang des Wortes “Goon” und sein Aussehen auf dem Artwork. Ich bin eher der anhängliche, hilfsbedürftige Typ, wenn ich mein Verhalten einstufen müsste. Ich wollte den Songs auf dem Album mit dem Titel etwas von ihrer Ernsthaftigkeit nehmen. Mir stand der Sinn nach etwas Albernen, das völlig konträr zum Inhalt der Platte war. Ich wollte den Hörern damit die Gelegenheit geben nicht schon vorab emotional zu werden, indem ich ihnen auch noch einen allzu gefühlsbetonten Albumnamen vorsetzte. Es gibt keinen Grund gleich sentimental zu werden, nur weil die Songs nicht vor Fröhlichkeit platzen. Jeder sollte die Chance haben sich einfach auf seine individuelle Art und Weise den Songs zu nähern.

MusikBlog: Gab es während der Arbeit an den Songs Momente, in denen du sentimental geworden bist?

Tobias Jesso Jr.: Ich bin von Natur aus sentimental veranlagt. Ich laufe nicht ständig mit hängendem Kopf durch die Gegend, aber fühle mich sehnsüchtig zur Vergangenheit hingezogen. Sobald die Leute meine Songs hören, zeigen sie mit dem Finger auf mich und sagen: “Der ist ein hoffnungsloser Romantiker!”. Und das stimmt bis zu einem gewissen Grad, aber das ist nur ein Teil meiner Persönlichkeit, die ich in meinen Songs zum Ausdruck bringe. Ich kann genauso sachlich oder emotionslos sein, wenn mir danach ist. Als Songwriter empfinde ich aber viel zu viel, als dass ich jemals leidenschaftslos Musik machen könnte. Daher sind die Songs auf “Goon” eben so gefühlvoll. Ich versuche mich beim Schreiben bewusst auf meine jeweilige Stimmung einzulassen. Das hilft mir vor allem beim Verfassen meiner Texte. Sobald ich mich hinsetze und schreibe, funktioniert mein Kopf wie eine Art Tagebuch, in dem ich herumblättere und aus dessen Fülle ich mich dann bediene. Ich mag es, wenn Songs romantisch sind und offenbar gibt mein Kopf-Tagebuch einiges an Stoff dafür her.

MusikBlog: Du kannst demnach also auch deine Gefühle wie Tagebuch-Einträge abrufen?

Tobias Jesso Jr.: Ja, genau. Mir ist es in der Vergangenheit nicht immer leicht gefallen meinen Emotionen freien Lauf zu lassen oder diese gar in Songs zu verarbeiten. Als Musiker habe ich eine Zeit lang gebraucht, um diesen Schritt zu gehen. Als ich aber zurück in Vancouver war und nur für mich alleine Songs auf dem Piano schrieb, konnte ich so direkt sein wie ich wollte. Schließlich waren die Stücke zunächst nicht dazu bestimmt veröffentlicht zu werden. Es war ein gutes Gefühl mich endlich emotional zu öffnen und all die positiven Reaktionen auf meine Songs bestärkten mich in dem Gedanken das Richtige zu tun. Das heisst allerdings nicht, dass ich nur noch über die Liebe in all ihren Facetten schreiben werde.

Wäre ich so ein “Trottel”, wie es der Albumtitel impliziert, dann wäre ich gar nicht in der Lage solche Liebeslieder zu schreiben. Andererseits ist wohl jeder ein kleiner Dummkopf, der sich so schonungslos diesem Thema hingibt. Ich glaube für viele Menschen ist es unheimlich schwer mit sich ins Reine zu kommen, zu definieren, wer man wirklich ist und diese Erkenntnisse dann auch noch offen darzulegen. Egal, ob man sich nur einer einzigen Person oder einem ganzen Publikum öffnet. Es hat eine Weile gedauert bis ich soweit war diese Mauer, bestehend aus all meinen Ängsten, einzureissen und an einen Ort zu gelangen, an dem ich ungezwungen ich selbst sein konnte. Wenn ich jetzt auf das Album blicke, bin ich sehr stolz darauf diese Wandlung durchgemacht zu haben und kann guten Gewissens damit leben.

MusikBlog: Wann hast du als Künstler gemerkt, dass du die Gitarre vorerst gegen das Piano eintauschen möchtest?

Tobias Jesso Jr.: Ich habe erst vor ein paar Jahren angefangen mich näher mit dem Piano als Instrument zu befassen. Alles fühlt sich noch ein wenig neu für mich an, aber ich identifiziere mich, im Vergleich zur Gitarre, schon jetzt viel mehr damit. Was das Songwriting angeht, kann ich kaum glauben, dass ich jemals auf eine andere Art und Weise Songs geschrieben habe.  Die Gitarre ist mir vor allem in den letzten zwei Jahren immer fremder geworden. Ich kann darauf herumblödeln, aber schreibe definitiv keine Songs damit. Momentan kann ich mich viel besser in das Piano hineinfühlen und darauf einfacher Klänge erzeugen. Sobald ich mir die Gitarre umhänge, fühle ich mich wie ein Dummy, den man in die Ecke stellt. Selbst was das Üben angeht, bin ich viel motivierter, wenn ich mich ans Klavier setze. Ich versuche mich so abwechslungsreich wie möglich mit diesem Instrument zu befassen, gerade weil es viel wilder ist als die meisten glauben. Es ist zu meinem absoluten Lieblingsinstrument geworden. Neben dem Bass, an dem ich ebenfalls gerne herumzupfe.

MusikBlog: Auf deiner Website gibt es eine Rubrik namens “Lessons”, in der man die Akkorde deiner Songs anschaulich vermittelt bekommt und sie anhand dessen erlernen kann. Wie bist du auf diese Idee gekommen?

Tobias Jesso Jr.: Als ich anfing Piano zu spielen, verbrachte ich immer Stunden damit mir auf Youtube Video-Tutorials anzusehen. Ich war immer auf der Suche nach guten Videos, die ich als Übungsgrundlage verwenden konnte. Dabei ist mir aufgefallen, wie wenig hilfreiche Videos es gibt. Man findet z.B. hundert Mal Adele mit “Someone Like You”, aber ist am Ende auch nicht schlauer, weil die Videos viel zu kompliziert sind. Entweder wird alles zu schnell erklärt oder man fühlt sich gerade als Anfänger wegen anderen Dingen überfordert. Ich hätte mir damals gewünscht, dass jemand einfach Bilder von den Akkorden ins Netz stellt anhand derer ich mich leichter hätte orientieren können.

Alle versuchen ihre Videos zwar so anschaulich wie möglich zu machen, aber ich vermisse es einfach ein Buch aufzuschlagen und dort Akkord für Akkord in meinem eigenen Tempo zu lernen bzw. nachzuspielen. Deswegen kam ich auf die Idee auf meiner Website allen Interessierten meine Songs auf sehr simple Art und Weise näher zu bringen. In der Rubrik “Lessons” sind daher nur Bilder meiner Finger sowie der dazu passenden Akkorde abgebildet, falls jemand Lust hat meine Songs nachzuspielen. Meine Lieder eignen sich übrigens perfekt für Anfänger am Piano. Ich war ja selbst einer als ich die Songs schrieb. Sie sind nun einmal recht simpel gehalten. Vielleicht helfen meine “Lessons” jemanden dabei den einen oder anderen Song zu lernen. Ich habe bereits mehrere Anfragen für weitere Songs bekommen, die ich online in dieser Form zugänglich machen soll. Ich brauche nur noch etwas mehr Zeit, um das zu realisieren. Ich bin doch gerade so mit dem Album beschäftigt! (lacht)

MusikBlog: In deinem Leben gab es bereits viele Höhen und Tiefen. Denkst du manchmal darüber nach, wie es zu dieser Achterbahnfahrt kommen konnte?

Tobias Jesso Jr.: Ja, ich beschäftige mich manchmal damit. Ich glaube fest daran, dass alles, was man mental, verbal oder auch physisch nach aussen trägt, irgendwann wieder zu einem zurückkommt. Das Schicksal spielt in meinem Leben aber keine allzu große Rolle. Ich versuche dagegen meine Wahrnehmung auf Dinge zu lenken, die mir etwas bedeuten und mich mental alldem zu nähern, mit dem ich gerne früher oder später in Berührung kommen möchte. Es ist so wichtig sich Wünsche oder Absichten vor dem inneren Auge festzuhalten. Jeder Lottogewinner wird sich insgeheim auch gedacht haben, dass zumindest die Chance besteht, dass die getippten Zahlen richtig sind. All die Energie, die ich raus ins Universum schicke, wird also hoffentlich zu mir zurückkommen oder in welcher Form auch immer beantwortet werden.

MusikBlog: Worauf würdest du jetzt gerne eine Antwort bekommen?

Tobias Jesso Jr.: Ok, ich probiere das jetzt einmal: “Ich will einen Song mit Lana Del Rey schreiben!”. Wir werden sehen, ob das klappt. Es wäre doch schrecklich, wenn man völlig hoffnungslos durchs Leben gehen würde. Ich war schon des öfteren an diesem Punkt, aber habe gemerkt, dass das zu nichts führt. Jeder braucht etwas, an das er glauben kann. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob jemand anderes deine Meinung teilt. Gerade als Künstler braucht man diese Zuversicht und es kommt in allererster Linie nur darauf an, ob du selbst von dir und deinem Output überzeugt bist. Das hat für mich auch nichts mit Selbstverliebtheit zu tun. Nur mit der Liebe, der man gewillt ist leidenschaftlich nachzugehen, weil sie in einem steckt. Die zwischenmenschliche Liebe ist da leider viel komplizierter, aber gerade deswegen für so viele Künstler eine unerschöpfliche Inspirationsquelle. Der Song “Can’t Stop Thinking About You” auf meinem Album ist so ein Fall, weil er thematisiert, dass man sich zwar seiner, aber eben nicht der Gefühle der anderen Person sicher sein kann, der man sein Herz geschenkt hat. Für mich war es aber wichtig, dass man sich deswegen nicht vor seinen eigenen Gefühlen verschließt und sich von diesen Unsicherheiten hemmen lässt.

MusikBlog: Du hast in Los Angeles als Musiker das Glück gesucht und wurdest trotz kleineren Höhenflügen am Ende bitter enttäuscht. Warum bist du der Musik treu geblieben?

Tobias Jesso Jr.: Es war für mich als Musiker nicht immer leicht mich durchzuschlagen. Tief in mir drinnen konnte ich mich nicht von der Musik lösen, auch wenn ich kurzzeitig das Handtuch als Berufsmusiker warf. Ich wusste zwar nicht genau, was ich stattdessen machen sollte und arbeitete eine Weile für die Umzugsfirma eines Freundes in Vancouver, aber vielleicht brauchte ich diese Phase auch, um mich wieder ein wenig mehr auf mich und meine Musik zu besinnen. Sonst hätte ich all die folgenden Chancen vermutlich gar nicht erst ergriffen, um die Musik wieder zu meinem Lebensinhalt zu machen.

MusikBlog: Wie hast du es geschafft sie wieder zu etwas Zentralem in deinem Leben zu machen?

Tobias Jesso Jr.: Als ich genügend Selbstvertrauen gesammelt hatte, bin ich mit meinen Demos losgezogen und habe sie bei Konzerten verteilt. Ich wollte mich aber nie unnötig mit meinen Songs aufdrängen oder mein Glück allzu sehr herausfordern, sonst hätte ich vermutlich noch viel verrücktere Sachen gemacht, um die gewünschte Aufmerksamkeit zu bekommen. Selbst als ich meine Demos an Chet “JR” White schickte, tat ich das eher beiläufig, denn die Hälfte meiner Email an ihn handelte davon, was für ein großer Fan ich von seiner Band war. Ich dachte damals nicht daran, dass ich jemals von ihm hören würde. Ich wusste nach meinen Erfahrungen in L.A., dass ich die Sache anders anpacken musste und nahm mich als Künstler selbst anders war. Vielleicht war ich damals viel zu sehr von all den Möglichkeiten geblendet und habe mich deswegen entschlossen fortan meine künstlerische Integrität über alles andere zu stellen. Wenn ich noch in L.A. wäre, würde ich wahrscheinlich krampfhaft versuchen erfolgreich zu sein, aber die meiste Zeit über in einem Coffee Shop arbeiten.

MusikBlog: Meinst du, du wärst in L.A. als Songwriter für andere Künstler glücklich geworden, wie du es beabsichtigt hattest?

Tobias Jesso Jr.: Mir hätte es sehr viel Freude bereitet einfach Songs für andere Künstler zu schreiben, ohne mein eigenes Ding zu machen. Darin hätte ich mit Sicherheit Erfüllung gefunden, denn ich bin nicht so sehr davon besessen die Ergebnisse meines Songwritings für mich zu behalten. Ich schreibe einfach gerne Songs und versuche das so gut wie möglich zu machen. Es geht mir nicht so sehr darum diese dann auch auf der Bühne zu performen. Die Songs an sich bedeuten mir viel, aber nicht die Tatsache, ob ich derjenige bin, der sie live spielt oder singt. Wenn ein anderer Künstler meine Songs singen würde, wäre ich genauso glücklich. Sogar noch viel zufriedener als jetzt, wenn ich meine eigenen Songs singen muss. Ich habe dieses Album nicht gemacht, weil ich unbedingt nach aussen hin als künstlerisches Gesamtpaket wahrgenommen werden möchte, sondern um dem Songwriting weiter nachzugehen. Ich will immer noch singen, Piano spielen und mich verbessern, aber all das nicht über das Songwriting stellen oder es gar überbewerten.

MusikBlog: Wie fühlst du dich heute, wenn du als Sänger vor das Mikro trittst?

Tobias Jesso Jr.: Als Sänger habe ich immer das Gefühl mich auf einer Skala zu bewegen, die zwischen den Bereichen “unangenehm” bis “ängstlich” hin und her schwankt. Das liegt vor allem daran, dass ich den Klang meiner Stimme nicht sonderlich mag. Ich singe aber trotzdem, denn es hilft mir dabei mich auf einer weiteren Ebene zu öffnen, die über die reine Musik hinausgeht. Ich hoffe, ich komme irgendwann einmal an den Punkt, an dem ich mich wohl dabei fühle zu singen oder genau weiss, wer ich als Sänger bin. Ich bin immer noch dabei meine Stimme und ihre Möglichkeiten zu erforschen und mich mit der Tatsache anzufreunden diesen Prozess als Teil meines Songwritings zu akzeptieren. Für mich war der Gesang ein weiteres Hilfsmittel, um den Songs mehr Gewicht zu verleihen und all die darin enthaltene Emotionalität wirklich glaubhaft zum Ausdruck zu bringen. Es war mir wichtig, dass ich es auf meine Art und Weise tue, ohne dabei perfekt sein zu wollen. Mein Tonumfang lässt das auch gar nicht zu. Ich wollte bewusst mit dem arbeiten, was mir zur Verfügung stand. Das war zum einen das Piano und zum anderen mein begrenztes Stimmvolumen. Als ich die Songs auf “Goon” schrieb, gab es niemanden, der sie hätte für mich singen können, also tat ich es selbst. Ich sehe mich selbst als Songwriter, dann Sänger und nach vielen, vielen anderen Dingen auch als Klavierspieler.

MusikBlog: Du warst bisher immer in Bands aktiv. Hat sich für dich als Solokünstler viel verändert?

Tobias Jesso Jr.: In der Vergangenheit war ich in einigen Bands und das war toll, aber ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt ein Solokünstler zu sein. In Bands ist es einfach sich auf andere zu verlassen und sich ihrer Meinung unterzuordnen. Wenn man nur auf sich selbst gestellt ist, hinterfragt man all das, was man tut, viel mehr. Solo unterwegs zu sein, fühlt sich fast so an als würde man sein eigenes Unternehmen gründen, weil man die Zügel selbst in der Hand hat. Niemand redet einem rein, wenn es um die wirklich wichtigen Entscheidungen geht und man folgt ganz seinem Instinkt. Ausserdem investiert man eine Menge und ist darum umso stolzer auf das, was man schafft. Die Energie zwischen dir und der Musik ist ganz anders. Jeder, der versucht dazwischen zu kommen, hat es richtig schwer.

MusikBlog: Womit hattest du, auf dich alleine gestellt, am meisten zu kämpfen?

Tobias Jesso Jr.: Ich habe mehr mit meinem eigenen Selbstmitleid als mit meiner Umwelt zu kämpfen gehabt. Es gibt Menschen, die scheinbar völlig sorgenfrei durchs Leben gehen, aber ich kann nicht glauben, dass es so etwas wirklich gibt. Am liebsten würde ich ihnen ins Gesicht hauen bis sie zugeben, dass es auch in ihrem Inneren etwas gibt, mit dem sie ab und zu ringen. Ich glaube sogar, dass gerade diese Leute am meisten mit sich zu kämpfen haben, denn sie bauen um sich herum so ein falsches Schutzschild auf und gehen ihren Problemen aus dem Weg. Jeder trägt ein Bündel Sorgen mit sich herum, sei es ein Teenager oder ein alter Mann. Ich habe mein persönliches Bündel teilweise in diesem Album verarbeitet. Gleichzeitig wollte ich nicht, dass die Platte den Eindruck erweckt, mein Leben sei ein einziger Leidensweg gewesen, denn das entspricht nicht der Wahrheit. Es hat nichts damit zu tun, dass ich dem Bild des romantischen, zerbrechlichen und hoffnungslos romantischen Songwriter entsprechen möchte, das mir seit einiger Zeit angedichtet wird.

MusikBlog: Was hat Erfolg für dich damals bedeutet und wie sehr weicht deine jetzige Vorstellung davon ab?

Tobias Jesso Jr.: Vor ein paar Jahren habe ich Erfolg noch darüber definiert, inwiefern er mir ein komfortables Leben ermöglichen könnte. Mit Anfang zwanzig dachte ich, dass man erfolgreich ist, wenn man einen tollen Job, ein cooles Apartment und eine Freundin an seiner Seite hat. Zu meiner Anfangszeit in L.A. war es verlockend erfolgreich zu sein, aber ich wollte mich dafür nie verbiegen. Heute verbinde ich Erfolg einzig und allein damit etwas zu tun, was mir Spaß macht und meinem Leben einen Sinn gibt. All die finanziellen Aspekte haben keinen Einfluss mehr darauf, ob ich meine Arbeit als erfolgreich oder nicht einstufe. Ich glaube nur man kann nur unter diesem Gesichtspunkt wirklich gut in dem sein, was man tut. Es ist mir egal, ob andere nach Hawaii fliegen und den Urlaub ihres Lebens haben so lange ich künstlerisch etwas gefunden habe, was mich wirklich erfüllt. Ich messe mein Glück nur noch daran morgens aufzuwachen und die Gewissheit zu haben meine Zeit nicht zu verschwenden. Dazu gehört auch mental nicht ständig in der Zukunft sein Glück zu suchen, sondern mehr bei sich selbst und vor allem in der Gegenwart zu sein. Früher war ich oft ungeduldig und habe mich ständig gefragt, wann dieses oder jenes passieren wird. Heute bin ich da viel entspannter.

MusikBlog: Vielen Dank für das Interview.

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