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Ein Album zu machen, ist viel Fleissarbeit – Husky im Interview

Permanent auf Tour zu sein, zerrt an den Nerven. Selbst die stressresistenteste Band braucht irgendwann einmal eine Pause vom nonstop Jetlag, dem ständigen Zusammensein und den vorbeiziehenden Städten. Für die Australier Husky war dieser Zeitpunkt nach achtzehn Monaten internationaler Ochsentour erreicht. Das Heimatgefühl wieder aktiviert und die internen Batterien aufgeladen, ging es Monate später frisch ans Werk. “Rucker’s Hill” ist das Ergebnis, das die Band nun endlich nach der Veröffentlichung in Down Under auch hierzulande vorlegt. Kaum in Berlin angekommen, war ihnen sogar die Sonne hold und so plauderten Husky Gawenda und Gideon Preiss mit fröhlicher Miene über ihre verdiente Auszeit, die Tücken des Realitätsentzuges auf Tour und über den Ort, dem sie den aktuellen Albumtitel zu verdanken haben.

MusikBlog: Hand aufs Herz – wie war die Erfahrung nach eurem Debüt “Forever So”, sich erneut der Herausforderung zu stellen, ein Album aufzunehmen?

Gideon Preiss: Wir waren mit unserem ersten Album rund eineinhalb Jahre lang auf Tour. Als wir dann nach Melbourne zurückkehrten, verbrachten wir mehrere Monate damit, neue Songs zu schreiben. Es war kein einfacher Prozess, der sich sehr von unserer Erfahrung mit unserem Debüt unterschied. Natürlich hatten sich im Laufe der Zeit einige Dinge für uns verändert. Wenn man so viele Shows spielt wie wir es getan haben, wirkt sich das in vielerlei Hinsicht auf die Band aus. Am Anfang waren wir eine unbekannte Band aus Melbourne, später setzte dann eine Art Schneeballeffekt ein und wir bekamen die Gelegenheit, auch international zu spielen. Plötzlich hatten wir ein großes Team um uns herum und wir waren bei den Aufnahmen zum neuen Album “Rucker’s Hill” in einer ganz anderen Position.

Husky Gawenda: Wir wollten vor allem ein Album machen, dessen Songs wir live gerne spielen. Nichts ist schlimmer, als mit einer Platte unterwegs zu sein, bei der man nur bedingt Spaß auf der Bühne hat. Wir haben versucht, uns so weit es geht von jeglichem Druck freizumachen, um das zu erreichen.

MusikBlog: Worauf habt ihr euch am meisten gefreut, als es ins Studio ging?

Gideon Preiss: Ganz im Ernst, wir haben uns auf Orte wie Berlin gefreut. Ich mache keine Witze! Wir mögen die Stadt sehr und wollten schon immer mal herkommen. Es ist toll, wenn man im Studio sitzt und sich dabei vorstellt, wie man hinterher die neuen Songs schnappt und damit auf Reisen geht. Die Energie hier drüben ist sehr speziell. Das spürt man sofort, wenn man ankommt. Unsere Heimatstadt Melbourne ist auch toll. Wir genießen es aber, nach Berlin zu kommen, wo die Kreativität an so vielen Ecken direkt spürbar ist. Wir fühlen uns hier sehr gut aufgehoben. Nichts auf der Welt ist besser, als ins Studio zu gehen und etwas Neues zu schaffen. Es ist wie eine Droge für uns, genau das zu tun.

MusikBlog: Ihr seid ziemlich tour-erprobt. Habt ihr euch vorab der Aufnahmen eine Pause gegönnt, um guten Gewissens die Arbeit an neuem Material zu beginnen?

Gideon Preiss: Ja, wir mussten nach dem vielen Touren unbedingt einen Gang zurückschalten und zur Normalität zurückfinden. Wir kamen mitten im Sommer nach Melbourne zurück, was sehr schön war, um sich auf andere Gedanken zu bringen.

MusikBlog: Wie sah diese Normalität im Anschluss an die ausgedehnte Tour für euch aus?

Gideon Preiss: Wir haben viel Zeit damit verbracht, an alltägliche Dinge im Leben anzuknüpfen. Man kann froh sein, wenn man in seine Heimat zurückkommt und noch ein Dach über dem Kopf hat.

Husky Gawenda: Ich habe es genossen, mich irgendwo hinzusetzen und den Vögeln zuzuschauen. Das mag ein wenig verrückt klingen, aber für solche Sachen bleibt unterwegs nie Zeit. Zuhause kann man bei solchen Aktivitäten wunderbar runterfahren. Man geht zum Strand, trifft seine Freunde und genießt es, solch profane Dinge zu tun, wie zum Beispiel zu kochen.

Gideon Preiss: Das Interessante dabei ist, dass sich das vermeintlich normale Leben auf einmal komisch anfühlt. Wenn man so viel Zeit auf Tour verbringt wie wir, dann gewöhnt man sich schnell an diesen neuen Rhythmus und alles drum herum wirkt plötzlich ein wenig fremd. Irgendwann sehnt man sich also wieder danach, unterwegs zu sein, aber dieses Gefühl entsteht nicht über Nacht. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass man sich hinsetzt und neue Songs aus dem Ärmel schüttelt, weil einem danach ist. Ein Album aufzunehmen ist viel Fleißarbeit. Ich habe monatelang Songs geschrieben, von denen es ein ganzer Schwung überhaupt nicht auf das neue Album geschafft hat. Es dauerte eine ganze Weile, bis sich der Form nach so etwas wie eine neue Platte offenbart hat. Dafür waren eine Menge Demos nötig.

MusikBlog: Immerhin konntet ihr im Studio ein wenig Zeit sparen und musstet euch nicht wieder Equipment borgen wie bei eurem Debüt. Oder?

Gideon Preiss: Das ist wahr. Es macht viel aus, das richtige Equipment zu haben, obwohl das keine guten Songs garantiert. So sehr wir Spaß daran haben, uns auf die Suche nach dem für uns richtigen Equipment und damit auch einem passenden Sound zu begeben, so sehr wissen wir auch, dass in allererster Linie die Songs selbst zählen. Nur, weil man eine tolle Gitarre oder ähnliches hat, heisst das nicht automatisch, dass man deswegen gute Songs schreibt. Unsere Prioritäten liegen ganz klar auf dem Songwriting selbst. Letztendlich ist es fast egal, welches Mikrofon oder welchen Verstärker du benutzt.

Husky Gawenda: Wir hatten das Glück, mit wirklich tollen Leuten in Melbourne und Sydney zu arbeiten, die sich bestens mit den technischen Gegebenheiten auskannten. Dadurch kann man sich umso besser auf die eigentlichen Songs konzentrieren.

MusikBlog: War es Ehrensache für euch, wieder auf heimischem Boden aufzunehmen oder habt ihr auch andere Orte in Erwägung gezogen?

Gideon Preiss: Wir haben uns dafür entschieden, wieder in unserer Heimat Australien aufzunehmen, weil wir so lange Zeit weg waren. Natürlich hätten wir gerne auch in Übersee aufgenommen, aber ein großer Teil von uns wollte wieder in der gewohnten Umgebung sein, damit wir an den Songs feilen konnten. Vorab der Aufnahmen haben wir viel darüber gesprochen, ob es nicht besser wäre, woanders aufzunehmen. Die Vorteile in Melbourne zu sein, haben aber am Ende überwogen.

MusikBlog: Welche Rolle spielte dabei besagter “Rucker’s Hill”, nach dem das Album schließlich benannt wurde?

Husky Gawenda: Ich habe vier Jahre nördlich in einem Vorort von Melbourne gewohnt und ich erinnere mich gerne an diese Zeit. Mein Blick fiel oft auf Rucker’s Hill, der sich genau vor meinen Augen erstreckte. Vieles auf dem neuen Album handelt davon, zurückzublicken, also erschien es uns als sinnvoll, namentlich auch daran anzuknüpfen und dem Album diesen Titel zu geben. Ausserdem entstand ein großer Teil der neuen Songs an diesem Ort. Rucker’s Hill repräsentiert zeitlich sowie räumlich eine Phase in meinem Leben, die nun der Vergangenheit angehört.

MusikBlog: Sind die Erinnerungen an die Zeit dort immer positiv?

Husky Gawenda: Man schaut immer mit einer Art bittersüßem Gefühl zurück. Entweder man vermisst die vergangene Zeit, weil sie so schön war oder man will ein paar Dinge am liebsten vergessen, die schon länger zurückliegen. Generell gesehen verbinde ich mit meiner Zeit in Rucker’s Hill aber viele gute Momente. Künstlerisch gesehen, ist es durchaus hilfreich, wenn man sich beim Songwriting aus beiden Seiten bedient. Ich glaube jeder von uns ist ein wenig von der Vergangenheit besessen. Es ist ganz natürlich, dass man sich damit beschäftigt, um zu wissen, wo man in der Gegenwart steht. Kein Mensch kann völlig abgekapselt von der Vergangenheit durch sein Leben gehen.

MusikBlog: Was seht ihr, wenn ihr euch 2015 im Spiegel betrachtet?

Husky Gawenda: Meine Haare sind um einiges länger geworden! Aber einmal im Ernst, ich sehe immer die Dinge, die ich in Zukunft noch besser machen kann. Egal, wie gut es für mich oder die Band läuft, es gibt immer noch genügend Sachen, die ich verbessern möchte. Vor fünf Jahren wäre ich vielleicht zufrieden gewesen, aber nun strebe ich natürlich nach mehr. Dabei ist es großartig, dass wir schon zwei Alben gemacht haben. Nun da “Rucker’s Hill” im Kasten ist, peilen wir gedanklich aber schon das dritte Album an. Unsere Einstellung tendiert dahin, dass wir noch bessere Songs schreiben können, auch wenn wir sehr mit unseren bisherigen Stücken zufrieden sind. Ich denke, es ist wichtig, dass man sich konstant weiterentwickeln möchte und nicht aufhört, irgendwann in Stillstand zu geraten, nur weil alles gerade okay erscheint.

MusikBlog: Stillstand galt es offenbar auch zu vermeiden, wenn es darum ging, Songtexte zu schreiben. Ich habe mir sagen lassen, dass du zu Inspirationszwecken viel umher gestrolcht bist.

Husky Gawenda: Ja, das stimmt. Im Gegensatz zu Kafka. Der hat Zeit seines Lebens in seinem Zimmer verbracht, umgeben von vielen Büchern und fühlte sich dadurch inspiriert, so gut wie keinen Kontakt mit der Aussenwelt zu haben, wenn er schreiben wollte. Bei mir funktioniert das eher nicht so gut. Während der Arbeit an “Rucker’s Hill” hat es mich oft nach draussen gezogen und nur so konnte ich überhaupt anfangen, Skizzen für die Songtetxte zu entwerfen. Wäre ich in einem Raum eingesperrt gewesen, hätten wir jetzt ein ganz anderes Ergebnis, was unsere Songs betrifft. Ich brauche es in irgendeiner Form, von aussen gedanklich angeregt zu werden.

MusikBlog: Im Studio wiederum ist dann das Gegenteil der Fall?

Gideon Preiss: Im Studio zu sein, kann manchmal ganz schön hart sein. Dennoch ist es natürlich ratsamer, bei den Aufnahmen fokussiert so nah wie möglich an den Songs zu bleiben. Ausflüge jeglicher Art geschehen eher selten. Dadurch ist die physische und mentale Belastung enorm. Das haben wir auch während der Arbeit am neuen Album festgestellt. Wir waren ab und zu kurz davor, wahnsinnig zu werden. Das passiert vor allem, weil man sich so auf eine bestimmte Sache konzentriert. Ab einem gewissen Zeitpunkt hören die Songs sogar auf, wie Musik zu klingen. Man verliert unter Umständen die Perspektive zu dem, was man den ganzen Tag macht. Vor allem, weil man sich emotional so sehr verausgabt, wenn man sein ganzes Herz in einen Song legt.

MusikBlog: Der Wahnsinn muss euch auch gepackt haben, als es darum ging, einen Deckel aufs Album zu machen, da ihr zu diesem Zeitpunkt schon wieder ein Leben im Tourbus geführt habt, oder?

Husky Gawenda: Das kann man wohl sagen. Wir befanden uns gerade mitten auf Tour durch Australien, als die Platte fertig wurde. Die Songs wurden in Amerika gemixt, deswegen war es wegen der Zeitverschiebung etwas umständlich, sich über die Kontinente hinweg abzusprechen, wenn es um wichtige Entscheidungen ging. Eine Seite hinkte zeitlich immer hinterher. Meistens mussten wir es so einrichten, dass wir nach amerikanischer Zeit verfügbar waren.

Gideon Preiss: Es kam oft vor, dass wir eine Show spielten, dann maximal fünf Stunden Schlaf bekamen, um morgens um 6 Uhr die Mixe aus Amerika zu checken. So saßen wir dann in aller Frühe mit den Kopfhörern auf den Ohren im Tourbus, Hotel oder anderswo und versuchten, mit viel Müdigkeit im Nacken ein Urteil zu finden. Wir haben es geschafft, mit gegenseitiger Hilfe die Ziellinie zu überschreiten, aber wenn ich noch einmal die Wahl hätte, würde ich das nicht auf diese Weise wiederholen wollen.

Interview: Vielen Dank für das Interview.

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