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Walk Off The Earth – Live in der Tonhalle, München

Sie bauen Gitarren aus aufklappbaren Zigarrenkisten und machen so aus Saiteninstrumenten Percussions. Sie werfen sich gegenseitig Ukulelen zu, spielen auf dem Instrument des anderen oder trommeln auf seinem Körper herum. Und sie spielen zu fünft auf nur einer Gitarre den Gotye-Song „Somebody That I Used To Know“ – jeder hat mindestens einen Freund in einem sozialen Netzwerk, der diesen Clip geteilt hat.

Wenn es den Begriff „One-Video-Wonder“ gäbe, könnte er auf Walk Off The Earth zutreffen, wären da nicht die vielen anderen beeindruckenden Videos der Band und die hohe Perfektion, mit der die fünf Musiker aus Kanada so ganz nebenher ihre Songs performen. Als ich die Münchner Tonhalle zur Show von Walk Off The Earth betrete, stellte ich mich nicht auf ein Konzert ein, sondern auf ein Spektakel.

Die Show beginnt und von Anfang an herrscht in der Halle eine unglaubliche Energie. Das Front-Team der Band bilden Ryan Marshall, Sarah Blackwood und Gianni „Luminati“ Nicassio. Sie rocken, springen und singen aus voller Kehle beim Titelsong des Albums „R.E.V.O.“. Marshall gibt sich als der Rockstar mit Gitarre im Vordergrund, während die anderen beiden immer wieder nach hinten wandern um zusammen auf eine Trommel einzuschlagen.

Nach drei Songs stelle ich fest: Das Publikum ist heiß, die Band ist viel rockiger als ich gedacht hätte und genauso perfektionistisch wie in den Videos. Aber wo sind die erwarteten Zirkuskunststücke? Gut, es fliegt hin und wieder mal eine Gitarre quer über die Bühne und wird dann gekonnt wieder aufgefangen, aber das Spektakulärste am Anfang der Show ist lediglich der große Knall, der einen Schwall aus Silber-Konfetti wie Schneeflocken über das Publikum rieseln lässt. Also doch nur ein normales Konzert?

Nein. In knapp 90 Minuten Show zeigen Walk Off The Earth, dass sie keine normale Band sind. Die Kanadier klingen wie die Playlist auf einer Wohnzimmerparty – viele verschiedene Songs, viele verschiedene Stile. Bei „Sometimes“ rappen und rocken sie wie Limp Bizkit im Nu-Metal-Style um danach mit einer Reggae-Bassline und tiefen Dub-Klängen wieder herunter zu kommen.

Ich höre einen Psychedelic-Folk-Song, der an Woodstock erinnert und im Laufe der Zeit zu 80er-Jahre-Rock à la Bon Jovi mutiert. Ich höre High-School-Rock, der sich nach Avril Lavigne und „Teenage Dirtbag“ anhört. Und ich höre  laute Trommeln und indianische Schlachtgesänge. Diese Mischung geht nicht? Doch und sie funktioniert erstaunlich gut.

Walk Off The Earth ist eine Band für die ganze Familie – Das wird spätestens klar als gegen Ende der Show riesige bunte Ballons von der Decke fallen. Bei „Summer Vibe“ wird die Halle zum Urlaubsstrand und alle singen fröhlich mit: „Eh-o, eh-o, bob bob away-o!“. Die Fünf-Musiker-eine-Gitarre-Nummer „Somebody that i used to know“ und das Klappgitarrenlied „Little Boxes“ dürfen in der Zugabe natürlich auch nicht fehlen.

Es tut gut, dass sich Walk Off The Earth selbst nicht all zu ernst nehmen. Ihre Show macht einfach Spaß und ist zu keinem Zeitpunkt langweilig. Auch wenn manche Tricks auf YouTube beeindruckender wirken als auf der Bühne, bietet die Band live ein ganz großes Zirkusspektakel.

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