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Olli Schulz – Live im Haus Auensee, Leipzig

Es gab schon Olli Schulz Konzerte, bei denen man besser gesehen hat. Was daran lag, dass man früher einfach näher dran war, als der Ex-Türsteher der Hamburger Großen Freiheit 36 vor wenigen hundert Zuschauern auftrat. Diese Zeiten sind lange vorbei, die mediale Präsenz zusammen mit Joko und Klaas und durch seine eigene Sendung „Schulz in the Box“ wirkt sich natürlich nicht nur auf die Besucherzahlen im Leipziger Haus Auensee am Freitagabend aus. Proppenvoll war die große Location am Rande der Stadt, in dem die Zuschauer auf den Entertainer warteten.

Besonders geduldig mussten sie nicht sein, bereits kurz nach halb neun kam Olli Schulz mit seinen fünf Musikern auf die Bühne, eröffnete den Abend mit den Worten „Ich habe heute morgen gereiert wie ein Pferd“ und noch bevor das Publikum das als ersten Gag missverstehen konnte, erklärte er, am Vorabend beim Konzert in Hannover fragwürdige Speisen serviert bekommen zu haben, aber trotzdem Willens sei, einen grandiosen Abend zu gestalten. In dieser Auftakterklärung war im Prinzip schon alles erhalten, was diesen Abend prägen sollte: Ollis wiedergefundener Spaß an der Musik, der unüberhörbar auf seinen letzten Album „Feelings Aus der Asche“ verewigt ist, und die Alltags-Geschichten, die, wenn von ihm erzählt, zum Brüller werden.

Los ging es mit den Einsteiger der aktuellen Platte „So Muss Es Beginnen“, dem direkt im Anschluss sein aktueller Hit „Phase“ folgt. Wenn es noch Zweifel am Musiker Schulz im Raum gegeben haben sollte, waren die spätestens jetzt ausgelöscht. Mitreißend präsentierten er und seine vortreffliche Band (stellvertretend sei hier Gisbert zu Knyphausen am Bass genannt) die Stücke, welche nicht nur den frühere Platten prägenden Schrammelsound zu bieten haben, sondern auch piano-dominierte Passagen kennen, oder wie bei dem vierten Song „Boogieman“ eine schwer melancholische Polka beheimaten.

Zwischen den Liedern immer wieder das, was die meisten Besucher erwarten, ellenlange Storys zu den Songs („Spielerfrau“), Kalauer, gute („Die Todesliste“) und schlechte („Welches Auto fährt Marco Reus?“) Witze. Dazu Luftschlange, Riesenballons und auf die Leinwand gebeamte Teenager-Fotos, Olli Schulz weiß, was sein Publikum möchte und bedient es authentisch und ohne sich selber zum Spaß-Dienstleister zu degradieren. Besonders gelungen sind die eingestreuten kurzen Musik-Zitate aus diversen Stücken der Pop-Historie.

Für Überraschungen sorgen auch Variationen in den eigenen Songs. So fragt seine Tochter am Ende von „Als Musik Noch Richtig Groß War“ (dem vermutlich besten Stück vom letzten Album) nicht „Papa was machst du für`n Krach?“, sondern gleich direkt nach Geld. Nach einer Stunde treten seine Mitstreiter vorübergehend ab und es gibt eine Solo Akustik-Session mit „Vorführeffekt“, „Sauna In Lankwitz“, „Human Of The Week“ (sein einziger Song auf Englisch überhaupt) und „Kleiner Bär“, bevor die Band zurückkehrt und mit den Stücken „Schrecklich Schöne Welt“, „Dann Schlägt Dein Herz“ noch einmal Fahrt aufnimmt.

Natürlich gibt es auch übermotivierte Zuschauer, die durch Brüllen von Titeln (Mehrfachnennung: „Koks Und Nutten“) die Setlist verändern wollen. „Geh ein Bier trinken, den Rest macht Papi schon“ moderiert Schulz derartige Einlagen, wird aber dann doch etwas böse als ein voller Bierbecher auf die Bühne fliegt. Da kommen kurz Erinnerungen an Helge Schneider-Konzerte Anfang der 90er auf, der auf allzu heftige „Katzeklo“–Rufe Konzerte vorübergehend abbrach, um nach Rückkehr auf die Bühne ausschließlich Jazz zu spielen. Davon war dieser Abend natürlich weit entfernt und spätesten bei der Abzähl-Frage „Wem ist es peinlich, dass sein Kumpel Bierbecher auf die Bühne wirft“ war diese Angelegenheit vergessen. Der „Mann des Volkes“ nimmt noch ein Bad in der Menge, bevor die Band nach eineinhalb Stunden die Bühne verlässt.

Die Verlängerung lässt nicht lange auf sich warten, zunächst nur mit Schlagzeuger (der laut seines Chefs aussieht „Wie ein Mann, der Auftragsmorde durchführt“) kommt Schulz zurück, um den „Phosphormann“ zu zünden sowie in einem drei Akkorde-Medley die bekannteste irische Rock-Band auf die Schippe zu nehmen und nebenbei noch als Stimmen-Imitator deutscher Musik-Größen zu glänzen. Halb elf wird das Publikum nach einem symbolischer Kniefall mit dem Stück „Wenn Die Sonne wieder scheint“ in die Nacht entlassen. Der noch lang nach Ende anhaltende Beifall ist die Revanche des Publikums.

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Eine Antwort

  1. Sehr schöner Konzertbericht. Ich war selbst zugegen und kann das Geschriebene vollauf bestätigen.
    Eine kleine Korrektur:

    Der letzte Song hieß „Wenn Die Sonne wieder scheint“ 😉

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